Erinnerungen an Angela Schneider

Allgemein

Angela Schneider mit ihren 3 Kindern. v. l.: Katia Marie, Anna, Tillmann. Foto Krüger

Verkehrsunfall erschütterte vor 30 Jahren SPD und Dorsten von Dirk Hartwich

Vor 30 Jahren, am 13. September 1984 hielten die Bürgerinnen und Bürger der Stadt Dorsten den Atem an. Wie ein Lauffeuer verbreitete sich die Nachricht eines schrecklichen Verkehrsunfalls auf der Bundesstraße 58, nahe Lippramsdorf.

Angela Schneider (33), engagierte Ratsfrau und Vorsitzende des SPD-Ortsvereins Wulfen, kollidierte in ihrem vollbesetzten PKW mit einem LKW. Das Bild vor Ort weicht auch 30 Jahre später nicht aus den Köpfen der Augenzeugen. Angela Schneider starb noch an der Unfallstelle. Ihre 3 Kinder, Katia Marie, Anna und Tillmann sowie ihre Tante Marlies wurden schwer verletzt in mehrere Krankenhäuser transportiert. Katia Marie, gerade 9 Jahre alt, verlor den Kampf ums Leben einige Tage später.  Marlies Klein (64) litt noch 7 Jahre unter ihren erheblichen Verletzungen bevor auch sie starb. Nur Anna (3) und Tillmann (4) konnten einige Zeit nach dem schrecklichen 13. September die Klink verlassen. Ehemann Hans- Udo Schneider, Pfarrer und Psychologe im Gruppenpfarramt der Evangelischen Kirchengemeinde Wulfen, erreichte die Hiobsbotschaft zu Hause.

Hans- Walter Scheffler, damaliger Leiter der Dorstener WAZ-Lokalredaktion erinnert sich: „Den Abend des 13. September werde ich nicht vergessen. Ich saß noch alleine in der Redaktion als das Telefon klingelte und Marianne Weiland, Pressesprecherin des SPD-Ortsvereins Wulfen mit bewegter Stimme mitteilte: >Angela Schneider ist tot<. Ich habe nie wieder einen Nachruf unter einem derartigen Schock und Zeitdruck schreiben müssen.“

Monate später versuchte das Amtsgericht Marl den Unfallhergang mit Sachverständigen und Zeugen zu rekonstruieren. Danach war die Ampelanlage an der viel befahrenen Bundesstraße wegen einer Baustelle im Kreuzungsbereich vorübergehend außer Betrieb. Angela Schneider stoppte vorschriftsmäßig, um dann aber, so eine Zeugenaussage, aus unerklärlichen Gründen plötzlich anzufahren. Dabei übersah sie den vorfahrtsberechtigten LKW. Es kam zum dramatischen Crash. Hätte der LKW-Fahrer die wegen der Baustelle aufgestellte Sonderbeschilderung von 50 km/h eingehalten, wäre seine Notbremsung noch erfolgreich gewesen. So aber, der Sachverständige errechnete anhand der sichergestellten Spuren gefahrene 70 km/h, reichte die Vollbremsung nicht mehr aus. Da der Unfall aber durch den Irrtumsfehler Angela Schneiders ursächlich ausgelöst wurde, ahndete das Gericht die fatale Geschwindigkeitsüberschreitung „nur“ mit einer Geldstrafe für den LKW- Fahrer. Damit war der Fall „rechtlich“ abgeschlossen. Rechtlich zwar, aber nicht persönlich für Hans-Udo Schneider, Anna und Tillmann, die gesamte Familie sowie den großen Freundeskreis.

Der Angela Schneider Fonds

„Wir werden ihr Andenken in Ehren halten.“ Ein Versprechen des Freundeskreises, das in ungewohnter Form umgesetzt wurde. Jeweils am 13. September, dem Todestag, wurde eine in Dorsten ehrenamtlich, gesellschaftspolitisch arbeitende Gruppe finanziell unterstützt und in den Focus der Öffentlichkeit gerückt. Als Auswahlkriterien galten:

Einsatz für Hilfsbedürftige, Bewusstmachung von Widersprüchen unseres Alltages, Einleitung von strukturellen Veränderungen unserer Gesellschaft.

Kriterien, die Angela Schneider verinnerlicht hatte und im Alltag vorlebte. In mehr als 20 Jahren konnten so ca. 30 Dorstener Initiativen mit über 36.000 Euro unterstützt werden. Das Geld wurde von vielen Spendern, überwiegend aus der Lippestadt aufgebracht. Der Freundeskreis, als Träger des Fonds, sorgte für eine komplette Weitergabe der großzügigen Finanzmittel. Als 2005 die Freunde beschlossen, den Angela Schneider Fonds einzustellen und aufzulösen, bedauerten viele Bürgerinnen und Bürger diesen Schritt.

Dr. Karl Christian Zahn, früherer Stadtdirektor und Bürgermeister brachte es auf den Punkt und schrieb: „Ich habe den Bericht über die Einstellung des Angela Schneider Fonds erhalten. Ich bin den Gedanken daran den ganzen Tag nicht losgeworden. Dies ist nicht Kritik – im Gegenteil. Ich will damit nur sagen, dass diese Aktion für mich immer ein wunderbares Zeichen von Tragik und Hilfe in einer kleinen städtischen Gemeinschaft war. Sie wird Stadtgeschichte bleiben. Ich weiß, dies ist vielleicht ein überflüssiger Brief, aber ich musste ihn einfach schreiben“.

Warum also die Einstellung und Auflösung des Fonds?

„Es war für uns eine schwere Entscheidung. Der Demographiewandel macht auch vor unserer Gruppe nicht halt. Wir sind inzwischen älter und weniger. Die weitere persönliche Unterstützung vieler Dorstener Initiativen ist davon aber nicht betroffen“, so die Erklärung der Freunde Angela Schneiders.

Das politische Leben der Angela Schneider

Der Schock traf auch viele Weggefährten Angela Schneiders im politischen Dorsten. Eine kämpferische junge Frau, die sich sozial engagierte und nachhaltig Zeichen in Wulfen und Dorsten setzte. Zwischen 1975 und 1984 gehörte sie dem Dorstener Stadtrat an.

„Streitbar ja, aber nie unfair und unsachlich“, so eine treffende Bewertung der politisch liberalen Kolleginnen und Kollegen.

Angela Schneider wurde 1950 im Siegerland geboren. Sie wuchs in einer aufgeschlossenen und politisch interessierten Familie auf. Reflexion des Tagesgeschehens gehörte, wie die kritische Aneignung von Literatur und Geschichte, zur umfassenden Erziehung und Bildung. Bereits früh arbeitete sie ehrenamtlich in der Gewerkschaft, dem DRK, der Kirchengemeinde und der SPD. Nach der Schule und dem Studium der Romanistik, Soziologie und Pädagogik und dem 2. Staatsexamen, tritt sie als Studienrätin in den Schuldienst (Berufsschule Bottrop) ein. Nach der Geburt des 3. Kindes, Angela ist seit 1973 mit dem Psychologen Hans-Udo Schneider verheiratet, lässt sie sich vom Schuldienst beurlauben, nicht aber von ihrem politischen Engagement. So beteiligt sie sich unter anderem in Essen an einem sozialwissenschaftlichen Projekt über Obdachlosigkeit und steigt in die Dorstener Kommunalpolitik ein.

1975 wird sie als 25-jährige in den Rat der Stadt Dorsten gewählt. Die Dorstener Verwaltung und die Ratsparteien wurden durch die im gleichen Jahr umgesetzte Kommunale Neuordnung vor bislang unbekannte Herausforderungen gestellt. Rhade, Lembeck, Wulfen und Altendorf- Ulfkotte bildeten plötzlich mit den traditionellen Stadtteilen Hervest, Holsterhausen und Altstadt eine neue städtische Einheit. Da in den genannten nördlichen Stadtteilen ebenfalls sehr junge und engagierte SPD-Ratsvertreter gewählt wurden, ließen Generationenkonflikte und unterschiedliche politische Bewertungen, auch in der eigenen Fraktion, nicht lange auf sich warten. Die Presse prägte früh für diese kritische Gruppe um Angela Schneider den Begriff der Nordlichter. Es war aber in erster Linie das praktische Handeln auf den Feldern Schul- , Sozial- und Stadtentwicklungspolitik, das Angela Schneider auszeichnete. 1984 beschloss sie, nach 2 Legislaturperioden, nicht mehr für den Stadtrat zu kandidieren, sondern sich der Basis- und Ortsvereinsarbeit in Wulfen voll zu widmen. Als Vorsitzende der damals sehr mitgliederstarken Wulfener SPD konnte sie viele junge Bürgerinnen und Bürger für die partei- und gesellschaftspolitische Arbeit gewinnen.

Am 13. September des gleichen Jahres endete ihr so junges und vielversprechendes Leben.

Heute – 30 Jahre danach

Dr. Hans- Udo Schneider hat wieder geheiratet. Die große Familie besteht aus 6 Kindern, die alle erwachsen sind und eine starke Einheit bilden.

Anna und Tillmann haben inzwischen eigene Familien. Die Erinnerungen an ihre Mutter Angela, sie waren zum Zeitpunkt des Unglücks noch Kleinkinder, sind verständlicher Weise unscharf. Das Interesse an ihrer Person und Persönlichkeit ist aber ungebrochen.

Hans-Walter Scheffler, der bereits erwähnte frühere WAZ-Lokalchef fragte Hans-Udo Schneider in einem persönlichen Gespräch vor zwei Jahren, wie er den Schock und Schicksalsschlag vom 13. September 1984 verarbeitet hat: „Das war eine Schlüsselsituation, die nicht nur mich, sondern viele Menschen berührt hat. Man wurde an die Endlichkeit des Lebens erinnert. Ich bin nicht sicher, ob ich das bis heute verarbeitet habe. Aber ich habe keinen Zweifel am Glauben gehabt. Der Freundeskreis, die Eltern  und Schwiegereltern – sie alle haben mir geholfen, damit fertig zu werden. Ich konnte mir zwar über viele Jahre keine Fotoalben mehr ansehen, aber ich wollte nie aus Wulfen wegziehen und sagte mir: Jetzt erst recht.“

Die Mitglieder des Angela Schneider Fonds sind weiter untereinander befreundet und treffen sich mindestens einmal jährlich gemeinsam zu einem Erinnerungs- und Meinungsaustausch. Interessant dabei ist, dass bereits nach kurzer Zeit, die noch aus 12 Personen bestehende Gruppe, spannende, engagierte politische Diskussionen, nicht selten auch kontrovers, führt. „So wie früher mit Angela“.

 

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